„Frau K.“ … „Frau Kaha!“ … „FRAU KAHA!!“ Wer hat mich angezogen, wie bin ich auf die Liege gekommen? Wo bin ich eigentlich? Die Sonne scheint, der Himmel ist blau. Frühling in Berlin. Im Darmkrebsmonat März.

Koloskopie-des-Dickdarms-Ausschnitt ©Felix Burda Stiftung. Mit freundlicher Genehmigung zur redaktionellen Nutzung frei zur Verfügung gestellt

Ich liege, noch leicht benommen von der Sedierung, auf der Pritsche im Ruhezimmer. Also habe ich die Koloskopie, das vornehme Wort für Darmspiegelung, überstanden.

Auch wenn ich weiß, dass das Risiko während dieses Eingriffs minimal ist (da kann es mal zur Verletzung der Darmwand kommen oder zu einer Blutung), kreischt die Hypochonderin in mir schon Tage vorher auf und ringt die imaginären Hände.

Als ich vor fünf Jahren zum ersten Mal zur Untersuchung musste (ich hatte das erforderliche Mindestalter zwar noch nicht erreicht, bin aber erblich vorbelastet), habe ich so was wie ein Testament geschrieben.

Vorbereitungen in alle Richtungen

Ich war sicher, dass nichts passieren würde, aber ich wollte das Schicksal auch nicht herausfordern. Gleichzeitig war ich mir der Übersprunghandlung bewusst, und so wurde es auch nur eine Seite mit Handlungsanweisungen für die potenziellen Erben meiner geschätzten 1.000 Bücher.

In diesem Jahr, bei meiner zweiten Koloskopie Darmspiegelung, war ich schon viel abgebrühter. Für die Trinkkur (die zu keiner Gewichtsverlust führen würde) hatte ich chinesisches Heilpflanzenöl parat, um den Geruch des Abführmittels zu überdecken. Ich hatte mich genau an die Vorgaben gehalten, eine Woche lang auf Körner, Vollkornbrot und Mohn zu verzichten, damit während der Untersuchung nichts in den Darmecken rumliegt .

Aufgeregt war ich trotzdem, hab in der Nacht schlecht geschlafen und noch schlechter geträumt. Das Mittel schlug nicht so an, wie es sollte. Statt mich in der Nähe einer Toilette aufzuhalten, wie es die Gebrauchsanweisung vorschlug, hätte ich Stunden weitab jeglicher Sanitäranlagen verbringen können. Nichts passierte. Was Madame La Hypchondre in mir in Habachtstellung brachte.

Los geht’s

Am nächsten Morgen aber kam es, wie es kommen musste. Und dann lag ich auch schon auf der Liege, die Jeans gegen ein flottes blaues Papierhöschen getauscht, Assistent Justyn lächelte mir freundlich zu, und während ich der sonoren Stimme des rheinhessischen Doktors (der natürlich nicht Cali heißt) lausche, hat der mir schon die Spritze mit dem Beruhigungsmittel verpasst. Es prickelt soo schön in meine Arm. Ein letztes Lächeln von Dr. Schubert – und ich bin weg.

2011 starben rund 26.300 Menschen an Darmkrebs, der zweithäufigsten Todesursache in Deutschland. Dabei ist dieser Krebs einer der am besten erforschten Krebsarten. Nach Aussage der Felix-Burda-Stiftung weiß man, dass sich in 90 Prozent aller Fälle zuerst Darmpolypen entwickeln,  die normalerweise gutartig sind. Rund zehn Jahren brauchen diese sogenannten Adenome, bis sie bösartig werden und ein Karzinom bilden.

Von Knospen, Polypen und schönem Schlafen

Und da kommt die Darmspiegelung in Spiel. Denn mit ihr kann man die Vorstufen ziemlich leicht erkennen und entfernen. Die Untersuchung ist für Menschen ab 55 kostenlos, bei erblicher Vorbelastung auch schon zu einem früheren Zeitpunkt.

So langsam kehrt mein Zeitgefühl zurück. Meine Augen können wieder fokussieren, was sehenswert ist. Der Kreislauf wacht wieder auf, ich kehre zurück in den Alltag.

„Frau K.? Jetzt sind Sie wieder wach?“ Vor mir steht der nette Doktor. „Ich habe keine schlechten Nachrichten für Sie.“ (Kurz zuckt die eingebildete  Kranke in mir wieder hoch: Warum sagt er nicht: „Ich habe gute Nachrichten für Sie?“)

Nur eine Knospe, die Vorstufe eines Polypen, sei entfernt worden. Um solche Wucherungen der Darmschleimhaut zu finden, führt die Ärztin/der Arzt ein Endoskop durch das Rektum in den Darm ein. Das Endoskop ist ein sieben bis zehn Millimeter langer Schlauch mit integrierter Taschenlampe, Kamera und Zange. Die Bilder werden auf einen Monitor übertragen, so dass Ärztin und Arzt gleich sehen können, was Sache ist.

Liegt eine Knospe auf dem Weg, wird sie mit der Zange abgepflückt. Etwa 20 Minuten dauert die Fahrt durch die verschiedenen Darmabschnitte, die dank Abführmittel sauber sind. Durch die Schlafspritze spürt die Patientin nichts von dem, was sich in ihrem Inneren abspielt.

Genauer will ich es auch gar nicht wissen. Mir reicht es, dass alles gut ist. „Wir sehen uns dann in fünf Jahren“. Aber klar, Doc!

Praxis für Gastroenterologie am Bayerischen Platz, Innsbrucker Str. 58 10825 Berlin

Mehr Informationen zur Darmkrebsvorsorge: Felix-Burda-Stiftung

Zeichnung: © Felix Burda Stiftung
(Mit freundlicher Genehmigung zur redaktionellen Nutzung frei zur Verfügung gestellt)