Supergeil. Aufregend. Inspirierend. Der Wahnsinn. Alle, die es schon gemacht haben, schwärmen in den höchsten Tönen. Auch ich habe all die Jahre dran gedacht. Wollte endlich das Besondere spüren. Wissen, wie es sich anfühlt, wenn die Synapsen durchknallen. Endlich mitreden können.

Into the Wild*

rp14

Wer jetzt dachte, es geht um Sex, den und die muss ich leider enttäuschen. Es geht um Medien. Digitale Medien und die größte Digitalkonferenz in Europa. Es geht um die re:publica.

Gerade mal sieben Jahre alt, hat sie sich von einem Familientreffen für Blogger_innen zu einem Branchenevent entwickelt, zu dem in diesem Jahr mehr als 6.000 Besucher_innen erwartet werden.

Irgendwo muss man halt anfangen

re:publica 2013 Tag 2
©© Gregor Fischer

Drei Tage, 500 Sprecher_innen, 350 Sessions, acht Hauptthemen, 18 Bühnen, mehr als 160 englische Vorträge. Es geht um Politik und Gesellschaft, Innovationen, Content, Web-only-Formate, Aggregation, Überwachung, Open Science, Mobilität, neuen Lernformen, Gesundheit, Geschichte u.v.m. Mir raucht der Kopf. Eine re:publica ist kein Ponyhof, auch hier sind Entscheidungen gefragt.
Wie immer gibt es mehrere Möglichkeiten, das erste Mal anzugehen. Du verzichtest auf jegliche Vorbereitung, lässt dich ein auf das, was kommt, nimmst mit, was du kriegen kannst, sammelst Überraschungen und Enttäuschungen ein.

Oder du machst dir ein paar Gedanken, wie du es gerne hättest. Gutes Timing ist die halbe Konferenz. Für Ausgeschlafene empfiehlt sich frühes Anfangen – solange alle noch wach, aufmerksam und willig sind.

Auch das Setting will bedacht sein: Mach dir ruhig ein paar Gedanken, wen du treffen willst. Was du hören willst. Trau dich und lass dich auf Menschen und Themen ein, die du noch nicht kennst. Manchmal entpuppen sich vermeintliche Langweiler als die größten Überraschungen.

Accessoires schaden nie. Smartphone, ipad, Laptop, um die interessantesten Statements festzuhalten. Oder ganz old-fashioned: Papier und Stift. Visitenkarten können helfen, ein nächstes Date zu verabreden.

Yes Men

Sie sind die Meister der Kommunikationsguerilla, sprechen schon mal im Namen der Barbie-Befreiungsorganisation und  treten gerne mal unter falschem Namen als Konzernsprecher auf. Die Netzkunst- und Aktivistengruppe The Yes Men wird die re:publica am 6. Mai um 10 Uhr auf Bühne 1 eröffnen. Man kann sich auf etwas gefasst machen.

Take a Deep Breath Before Making

re:publica 2012
©©Stockphoto

Dann heißt es Luft holen und losgehen. Mein Plan ist eine Mischung aus „Ich lass mich treiben“ und „Ich weiß, was ich will“. Zum Beispiel, was Sascha Lobo zur Lage der Nation zu sagen hat – klingt, als sei der Immer- und Überallblogger zum Politsprecher geworden (Dienstag, 6. Mai, 17.30 Uhr, Bühne 1)

Als Journalistin will ich auf jeden Fall wissen, wie es um die Zukunft des Lokaljournalismus bestellt ist (Dienstag, 12.30 Uhr, Bühne 5), was es mit der Sprachpolizei auf sich hat (Dienstag, 14.15 Uhr, Bühne 2), wie Geschäftsmodelle der Zukunft aussehen (Dienstag, 19.15 Uhr, Bühne 3) und was es mit dem Datenjournalismus auf sich hat (Mittwoch, 12.30 Uhr, Bühne 5).

Und bei „Journalismus. Nur besser“ bin ich gespannt, wie Print, Online, TV und Co es schaffen, die Hoffnung nicht sterben zu lassen (Mittwoch, 10.30 Uhr, Bühne 1).

Dreaming and Desire in the 21st Century

mediarules

Apropos Journalismus. Auch hier gibt es ein erstes Mal. Die Media Conventionmacht erstmals mit der re:publica gemeinsame Sache. Der Kongress der digitalen Medienwirtschaft thematisiert akuelle Fragen zu Perspektiven und Spielregeln in der globalen Medienwelt. Unter dem Motto Media rules treffen sich Entscheider_innen der öffentlichen und privaten Sender mit Vertreter_innen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.

Brigitte Zpyries wird da sein (ehemalige Justizministerin und heutige parlamentarische Staatssekretärin beim Ministerium für Wirtschaft und Energie), Dagmar Reim (Intendantin des RBB) und ein paar wenige andere Frauen. Erstaunlich, dass auch im Jahr 2014 Panels immer noch rein männlich besetzt werden können. Ob die Veranstalter (Medienboard Berlin-Brandenburg und Medienanstalt Berlin-Brandenburg) die Speakerinnen-Liste** und den Verein Pro Quote nicht kennen? Kluge und kompetente Frauen gibt es doch genug.

Catch Me if You Can

re:publica 2012
©© Stockphoto

Das erste Mail ist meistens aufregend, doch wenn die Male danach immer gleich sind, wird es langweilig. Auch unter anderem Namen und mit anderen Beteiligten. So geht es mir, wenn Circus Halligalli als das junge, freche Format mit Vorbildcharakter gehandelt wird. Joko und Klaas sitzen auf jedem medialen Sofa und dürfen als Heilsbringer des neuen deutschen Fernsehens reden: schnell und radikal soll es sein, oberflächlich und unter der Gürtellinie. Diese unsäglichen Vertreter der deutschen Jungskultur werde ich mir nicht antun. Obwohl ich dafür bin, dass sich in öffentlich-rechtlichen Fernsehbetten einiges ändern muss. Von den privaten ganz zu schweigen.

Lightning Talks

re:publica 2012
©© Gregor Fischer

Ein Highlight wird für mich sein, Anne Roth zuzuhören, die über die **Speakerinnen-Liste reden wird (Donnerstag, 13.35 Uhr, Bühne 4). Bühne 4 ist auch der Ort, an dem die Digital Media Women als Medienpartnerin der re:publica auftreten. In den Lightning Talks erzählen außergewöhnliche Frauen, wie sie „in ihren Karrieren die Grenze zum Wilden kennen gelernt haben. Ihre Welt kreist um das Digitale, das Raue oder das Feine.“ Das wird bestimmt spannend.

Keep It Tidy

18 Mal gleichzeitig? Das schafft kein Mensch. Und weil die Veranstalter_innen der re:publica das wissen, werden sie alle Veranstaltungen aufzeichnen: zum Nachhören oder Nachschauen. Als Pod- oder Videocast. Spiegel online wird die Hauptbühne drei Tage lang als Livestream auf der Startseite haben, und das Fahrgastfernsehen Berliner Fenster wird auf allen 3.800 Monitoren in der U-Bahn drei Tage lang non-stop über die digitale Konferenz berichten.

Guns, Sex and Rock’n’Roll

re:publica 2013 Tag 1 – Party
©© Tony Sojka

Nach soviel Gesprächen brauchen Körper und Kopf Abwechslung. Die werde ich mir bei der Web Week Night am Dienstagabend gönnen. Sieben Bands auf zwei Bühnen sind bestimmt genauso inspirierend wie früher die Zigarette danach. Wem tagsüber nach Chillen zu schönen Klängen ist, geht einfach in die Jazzbar oder re:fill Bar.

Goodbye & farewell!

Ich bin gespannt auf mein erstes Mal re:publica. Und bin ganz sicher, dass es anders wird, als ich es mir vorstelle, dass es so gut wird, wie es sein soll – und dass meine Synapsen sich auf ungeahnte Weise verschalten werden. In diesem Sinn: Let’s understand how the world functions*.

Dieser Artikel erschien zuerst im Blog des FCZB e.V.

 

* Alle Überschriften sind (z.T. leicht gekürzt) Sessions-Titel der re:publica 2014