20.05 Uhr. Vor fünf Minuten sollte die Gala beginnen. Auf einem der drei riesigen, sicherlich mit absolut sauberer Technologie betriebenen Monitore leuchtet in blau (steht für Technologie) auf weiß (steht für sauber): 10 Minuten.

Majestätisch-pathetisch ertönt alle fünf Minuten der Theatergong. Niemand sagt, jeder fühlt es: Man möge seinen Platz einnehmen. Noch immer irren suchende Menschen zwischen den großzügig ausgerichteten Stuhlreihen entlang. Es wird noch ein Weilchen dauern, bis die mehr 1.000 Eingeladenen ihren Platz im Rampenlicht gefunden haben. Und das leuchtet sehr. Damit die Bühne für die zahlreichen Kameras richtig ausgeleuchtet ist, bedarf es zahlreicher Scheinwerfer, die auch das Publikum vom Ungünstigsten belichten.

Im musikalischen Hintergrund raucht der Klangteppich, eine kaum hörbare Komposition aus gemäßigten Trommelpatterns und galoppierendem Pferdegetrappel. Wahrscheinlich höre ich so wenig, weil mich das Stimmengewirr von allen Seiten umtost. Der Theatergong gongt getragen, nur noch 30 Sekunden. Die Musik schwillt stakkatoartig an, um zehn Sekunden später abrupt abzubrechen. 16. 15. 14. Das Licht erlischt langsam vor sich hin.

Ein Videoclip mit der typischen „Eine-Welt-alles-ist-gut“-Stimme (männlich-sonor-beruhigend) dröhnt viel zu laut. Kommt man gar nicht zum Nachdenken. Bisher war ich noch nicht schwerhörig. Wenn das so weitergeht, werd ichs.

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Bei dieser größten Lobbypreisverleihung für Umwelttechnik geht es um die Auszeichnung von sechs Projekten aus fünf Kategorien. Auffällig ist die fast hundertprozentige Männerdominanz – bei den Nominierten, den Musikanten, den Sponsoren, den Darstellern in den Einspielern. Allein die Jury hat bei 13 Mitgliedern auf zwei Frauen gesetzt. Und den emotionalen Teil der Laudatio dürfen auch Frauen sprechen.

Als Umwelt-Oscar angekündigt, wird die Preisverleihung im Stil des großen amerikanischen Bruders inszeniert, begrüßt Moderator Ingo Nommsen die beiden Initiatoren Sven Krüger und Marco Vogt aufs Enthusiastische, bewirbt die einzigartige Mischung aus Glamourwelt und Ingenieurstechnologien.

Man(n) lobt sich selbst, die klimafreundlichen Technologien, die man mit dieser Veranstaltung ins Rampenlicht rücke, und natürlich auch „das Zusammenbringen von weiten Kreisen umweltbegeisterter Menschen.“

60 Einsendungen, 15 Nominierte, sechs Gewinner. Die von je zwei Laudator/innen gewürdigt werden: ein Mensch aus dem eher kulturellen Bereich (4 Frauen, 2 Männer), der andere aus dem Sponsorenbereich (Männer). Zwischen den einzelnen Lobpreisungen hoppelt Melanie, das Nummerngirl mit der Trophäe, einem Ball aus Brandenburger Holz, über die Rasenbühne.

Der Award wird in diesem Jahr zum dritten Mal verliehen, die Besucherzahlen sind seit 2008 von 200 auf über 1.000 gestiegen. In seiner Lobhudelei konstruiert EWE-Vorsitzender Dr. Werner Binker geschichtliche Bezüge zwischen Cleantech und dem Flughafenglände.Die saubere Technologie habe sich rasant entwickelt, und man befinde sich eine Woche nach der Atomentscheidung der Bundesregierung (die sich für längere Laufzeiten der AKW ausgesprochen hat. Parallel dazu sind die Kosten so aufgeteilt, dass die Energieversorger, auch EWE, nur einen Teil dessen, was sie an Gewinn machen, in saubere Technologien stecken müssen).

„Klimafreundliche Zukunftstechnologien gehören ins Rampenlicht“ hört sich natürlich gut, nur im Rampenlicht (selbst wenn mit Energiesparlampen ausgeleuchtet) sollten sie ja nicht bleiben. Charmant weist er darauf hin, dass diese Veranstaltung das Zusammenbringen weiter Kreise begeisterter Umweltmenschen sei. Und natürlich sind sich alle einig, dass Klimaschutz konsequentes handeln erfordert, dass neuartige technische Lösungen für den Alltag vonnöten sind …