Es ist der erste Tag meines Abschieds von Atkon. Bremen. Wissenschaftsforum. Es geht um Wissenschaftsjournalismus. Was erwarte ich? Inspiration für mein Arbeitsleben … Ideen für das, was ich beruflich machen kann … Hinweise, was ich will, was ich kann …
Ich bin allein hier. Ich fühle mich alt. Ich finde es cool, dass ich sowohl mein Macbook als auch den ipod touch mithabe. Luxuriös, modern. Es war klasse im Zug, die diversen Programme auszuprobieren, wozu ich zuhause nicht komme, weil ich auf das zurückgreife, was ich habe, was ich kenne. Habe also zwischen Hannover und Bremen (Fahrzeit ungefähr eine Stunde) einen Reisebericht angefangen, Visitenkarten gemacht, über ein Storyboard nachgedacht (für alles gibt es in Pages eine Vorlage – so geil) – und schon war ich da.
Technik, Technologie (wann ist was?) sind so weit gekommen. WLAN im Hotel, WLAN im Kongresszentrum (nicht so ganz stabil, aber es reicht, meine Mails abzurufen).
Der erste Vortrag: Bernd Buchholz, trotz kurz vor 50 vom Typ der jungdynamische BMW-Fahrer, hopplahierkommich, referiert über „Wege aus der Krise“. Eloquent, wortgewaltig und wortgewandt, charmant, rhetorisch so gut, dass ich immer wieder aufpassen muss, mich nicht einlullen zu lassen. Er beschwört den Paid Content, ich kann ihm in einen weiten Teilen zustimmen. Stimme ich ihm zu? Auf jeden Fall macht es großen Spaß ihm zuzuhören; denn selbst in Momenten, in denen er abliest, kommt es echt, fließend und mitreißend rüber – bei seinen spontanen Antworten auf die Zuhörerfragen ist es ebenso.
Ich schaue mich um und fühle mich alt. Die schwarz gekleidete Menschenmasse scheint auf den ersten – und zweiten – Blick aus erfolgreichen jungen Männern und Frauen, gerne mit dunklen Brillen, zu bestehen, die mindestens einen Doktortitel haben oder in einer renommierten Redaktion arbeiten – wie ihren Namensschildern zu entnehmen ist.
Ich hab mal Biologie studiert, tue jetzt so, als sei ich Journalistin, trage rote Schuhe, einen lila Schal und eine Ablehnung von Zeit online mit mir rum.
Viel schlimmer aber ist das Gefühl, in diesem Leben kein journalistisches Bein mehr auf die Idee zu kriegen. So richtig habe ich mich nie als Journalistin gefühlt; zu häufig fehlte mir die zündende Idee, die Leichtigkeit des Schreibens, der investigative Biss. Selten nur denke ich, dass ich gut schreiben kann. Inzwischen, nach sechseinhalb Jahren als Bahn TV-online-Redakteurin in der Unternehmenskommunikation, bin ich mir nicht einmal mehr sicher, ob ich die einfachsten journalistischen Grundregeln noch kenne.
Einen Vortrag später allerdings, als es um Wissenschaftsjournalismus online geht, bin ich mir sicher, dass ich sehr viel weiß, was online schreiben und umsetzen angeht – und wenn Wissenschaft journalistisch nicht online ist, hat das weniger mit online als der Fähigkeit und dem Interesse der klassischen Journalisten zu tun und der nicht vorhandenen Wissenschaftsredaktion/-seite.
In der Debatte über „Wissenschaftsjournalisten als Mediatoren in der Wissenschaftsdebatte“ (grottenschlecht, Vorträge der reinen Männertruppe hatte nichts mit dem Thema zu tun, und Wissenschaft wurde als angewandte Forschung gesehen, die mit dem Bürger reden muss, damit sie was verkaufen kann) hatte ich den Eindruck, dass ich vielleicht gar nicht Journalismus will, sondern meine Stärke im Organisieren, auf Leute zugehen (das hat Petra mir am WE gesagt), überzeugen und debattieren liegt.
Und auf einmal hatte ich die Idee, zusammen mit der Pausinifrau sowas wie ein Stadtteilzentrum in Tempelhof zu machen, mit Diskussionen, an denen Wissenschaftler/innen und Bürger/innen teilnehmen, mit Themen, die aus dem Alltrag sind, sei es Schweinegrippe oder Plastikkäse, Nanoteilchen in der Nahrung, Bildung, Wissenschaft in der Schule etc.
Ich möchte das Wochenblättchen übernehmen und dort z.B. über Wissenschaft im Kiez schreiben. Ich möchte in meinem Kiez arbeiten, mit Leuten aus meinem Kiez – wenn ich damit Geld verdienen könnte, ach, das wäre schön *seufz*
Doch, ich denke, ich kann schreiben, aber ich kann auch anderes und das möchte ich machen.