Ich mag Schwarzweißfotografien. Vor allem Porträts. Ich kenne wenige bekannte Fotografinnen. Leibovitz, den Namen hatte ich wohl schon mal gehört, verband aber nicht viel mit ihr. Zufälligerweise kam ich am c/o im alten Postfuhramt an der Oranienburger Straße vorbei. Die Ausstellung “Annie Leibovitz” hat gerade eröffnet.

Es war unglaublich beeindruckend. Abgesehen von dem morbiden Charme und dem – auch nach 20 Jahren immer noch vorhandenen – typischen Ostgeruch in den Räumen, die kurz vor dem Abbruch zu stehen scheinen, war und ist es die Lebensgeschichte der Anna-Lou Leibovitz.

Ihre Fotografien sind schön, einige sehr bekannt, neben zahlreichen Schwarzbildern auch jede Menge Farbfotografien. Bei manchen habe ich mich gefragt, was denn ihren Reiz ausmacht. Schnappschüsse ihrer Familie, Kinder am Strand, schlafende Promis – so what …  Ich habe nicht den besonderen Blickwinkel erkannt, sondern eher auf das Glück getippt, im richtigen Moment ausgelöst zu haben.Ist es nicht jedem möglich, mit gutem Equipment, der passenden Location und einem willigen Model ein gutes Bild zu machen?

Neben den Fotografien wurde ein Film von Leibovitzs Schwester Barbara gezeigt, der das Leben der Fotografin beleuchtet. Absolut faszinierend.

Der Weg vom Studium zur Starfotografin beim “Rolling Stone”. Auf Tour mit den Stones und das letzte Bild von John Lennon und Yoko Ono wenige Stunden vor seinem Tod.

Interviews mit Eltern, Geschwistern, Chefs und journalistischen Wegbegleiterinnen, Statements von Musikern und Schauspielerinnen, mit denen Leibovitz gearbeitet hat.

Einer ihrer Fähigkeiten schien zu sein, mit der Umgebung und Situation so zu verschmelzen, dass sie von niemanden mehr wahrgenommen wurde. Als Teil des Inventars konnte sie beobachten und fotografieren, ohne dass es gestellt wirkte.

Dass Annie Leibovitz jahrelang mit der Essayistin Susan Sontag zusammenlebte, habe ich erst durch den Film erfahren; ebenso, dass sie, Leibovitz, erst mit 51 Jahren Mutter wurde.

Ihr Leben, ihre Arbeit – für die Veröffentlichung ihrer Bilder vom Sterben Susan Sontags wurde sie heftig kritisiert – haben mich sehr beeindruckt und nachdenklich gemacht.