Die Arbeitslosigkeit bekam ihr nicht gut. Was machte sie eigentlich den ganzen Tag?
Sie wusste es selbst nicht so genau, obwohl sie rund um die Uhr herumwuselte, mal dies, mal das machte, ordnete, sortierte, Listen schreib, aber weder zum Ende kam oder noch einen Anfang fand.
Sie war ja auch nicht wirklich arbeitslos, sie hatte einen Aufhebungsvertrag unterschrieben, der ihr den Luxus ermöglichte, sechs Monate Gehalt zu bekommen ohne dafür arbeiten zu müssen.
Am Anfang hatte sie sich sich mehr Termine aufgepackt als sie leisten konnte. Wichtig war es ihr, zu zeigen, dass sie nicht „auf dem Kanapee lag und sich mit Pralinen vollstopfte“ wie sie es nannte.
Alles wollte sie jetzt sofort und hier erledigen, was natürlich nicht funktionierte. Zu anderen Zeiten verbrachte sie Stunden auf dem Klo sitzend mit Spielereien auf dem ipod. Dann schnell was fürs Kind kochen, halbherzig putzen.
Ihren Traum, ein Praktikum in der Buchhandlung zu machen und vielleicht doch auf Buchhändlerin umzuschulen, hatte sie in dieser Zeit vollkommen vergessen. Als es ihr wieder eingefallen war, war es zu spät, denn die sechs Monat waren fast um.
„Du hast doch einen Mann“, meinten Bekannte zu ihr, wenn sie ihre Furcht äußerte, ab Juli nicht mehr mit ihrem Geld hinzukommen. Ja, sie hatte einen Mann, obwohl, was hieß das schon, einen Mann zu haben, das hatte doch im Alltag wenig zu bedeuten.
Und der Mann, mit dem sie zusammen war, war ihr Exmann. Sie liebte ihn, er war der Mann ihres Lebens, und dennoch wusste sie nicht, ob sie sein Geld noch einmal wollen würde.
Sie sprachen sowieso nicht über Geld und auch nicht darüber, ob er einen Teil mehr an gemeinsamen Kosten übernähme. „Aber es ist ungerecht, so wie es ist“, meinte eine Freundin. „Er verdient viel mehr als du, und ihr teilt euch die Kosten fifty fifty.“Ja, stimmt, aber er zahlte doch auch Unterhalt noch für sie und den gemeinsamen Sohn, der noch bei ihnen lebte. Manchmal war ihr das alles zuviel, und sehnte sich zurück nach dem einfachen Leben, als sie nur für sich verantwortlich und in einer überschaubaren Wohnung gelebt hatte. Merkwürdigerweise hatte sie, als sie noch allein lebte, immer etwas gespart.
Ach ja, und dann war noch die Geschichte mit den Bewerbungen und dem Arbeitsamt. Sie wollte nicht zu alt sein für einen Beruf und fürchtete sich doch davor, dass es so sei.
Was, wenn der Redaktionsjob der letzte gewesen wäre, der ihr Sicherheit und Zugehörigkeit gegeben hatte.
Was, wem sie keinen Job mehr fände, kein regelmäßiges Einkommen, wenn es jetzt immer so weiterginge, dass sie sich Sorgen machen würde, Magenschmerzen hätte und keinen Tag mehr richtig genießen konnte, weil sie immer das Gefühl hatte, zu wenig, zu falsch zu tun und zu machen?
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