Mittwochmorgen in der U-Bahn. Gegenüber sitzen Vater und Sohn. Sohnemann spielt mit einem Werbeblättchen. Schmeißt es auf die Erde, hebt es mit den Füßen hoch, schmeißt es wieder, tritt es weg. Vater guckt stumm.

Sohn kickt das Papier in den Gang,  guckt Vater herausfordernd an. Vater guckt weiter stumm. Frau gegenüber: Guck mal, dein Papier ist bei mir gelandet. Vater und Sohn gucken Frau an. Sohn grinst verlegen. Guckt zu Vater. Tritt nochmal gegen das Papier. Frau lächelt, hebt das Papier auf, knüllt es zusammen und reicht dem Kind. „Kannste ja gleich mit zum Papierkorb nehmen.“ Schweigen. Kind lässt Papier fallen. Vater guckt stumm. Zwei Stationen weiter. Vater und Sohn machen sich zum Aussteig bereit. Frau sagt lächelnd“: Vergiss dein Papier nicht.“ Sohn guckt zum Vater. Vater guckt weg. Frau: „Bitte nimm dein Papier mit.“ Vater greift sich das Papier, stopft es der Frau in die Tasche, brüllt: „Mein Sohn ist kein Zeitungsleser“ und rauscht mit Sohnemann ab. Frau, auch nicht mehr so freundlich und leise: „Wenn jeder etwas Müll mitnehmen würde, sähe es besser aus.“ Aber das hören die Beiden schon nicht mehr.

Bin ich jetzt die Frau, die ich früher immer so schrecklich fand? Die nörgelnde Alte, die sich in anderer Leuts Kindererziehung einmischt? Oder bin ich jetzt einfach alt genug, das zu sagen, was mich stört? Und mich stört es gewaltig, wenn auf der einen Seite massive Beschwerden über Vermüllung und unerzogene Gören kommen, auf der anderen Seite aber Eltern eben nicht mit gutem Vorbild vorangehen. Von wem bitte sollen es die Kinder lernen? Es handelt sich ja nicht um Hundekacke, die der Knirps aufheben sollte.  Es war Papier, mit dem er gespielt und  liegengelassen hat.

Ich glaube daran, dass man etwas, nur ein bisschen, über seinen eigenen Tellerrand hinausgucken und nur ein bisschen auch neben seiner eigenen Haustüre fegen sollte, damit die Welt ein bisschen besser werden könnte. UnverBESSERlich, oder?