Er sieht von hinten ziemlich honeckermäßig aus mit seinem karierten Hütchen, den weißen Haaren und dem Popelinemantel. So nah und nass, wie er vor mir sitzt, kann ich sein Aftershave riechen. Tabac oder Old Spice. So ein richtiger Altmännerduft. Zum Schütteln.
Wohin er wohl fährt? Zum Skatspiel mit seinen Freunden in der Eckkneipe? Oder er ist auf dem Weg zu seiner Ärztin. Er ist vielleicht ein einsamer Mann, der keine Freunde hat und niemanden zum Reden. Er freut sich auf ein Schwätzchen mit der Sprechstundenhilfe, die nie Zeit hat, und versucht wie immer einen seiner Altherrenwitze anzubringen, ignoriert ihren zornigen Blick.
Oder er ist unterwegs zum Friedhof am Stadtrand. So wie jeden Dienstag, Donnerstag und Sonntag, bei Wind und Wetter. Da sitz er dann auf dem Bänkchen am Grab seiner Frau, zupft hier ein Unkraut, gießt die Stiefmütterchen, bringt die kleinen Kiseel wieder auf den rechten Weg. Für den schwarzen Grabstein mit goldener Schrift hat er lange gespart. Schön findet er das Grab, auch wenn die Hälfte rechts neben seiner Frau noch unbepflanzt ist. Noch lebt er ja.
Aber drei Mal pro Woche klagt er seiner Erika sein Leid. Dass ihm das Kochen schwerfalle, Frau Huber, die Reinemachefrau, oft unpünktlich sei. Warum sie, Erika, so früh habe sterben und ihn allein lassen müssen. Er vermisse sie doch. Vermisse das Händchenhalten, wenn sie abends auf ihrem Sofa diese schöne Musiksendung geschaut haben. Einen Eierlikör haben sie dazu getrunken und sich eine Schnapspraline geteilt. Ganz warm sei ihnen immer geworden.
Hinter ihm sitzend sehe ich, wie er ein kariertes Taschentuch aus der Manteltasche zieht und sich die Nase schnäuzt.
Foto: Tauberman/Pexels
(10-Minuten-Geschichten nach einer Idee von Christine Kämmer / Adventskalenderschreiben)
Er sieht von hinten ziemlich honeckermäßig aus mit seinem karierten Hütchen, den weißen Haaren und dem Popelinemantel. So nah und nass, wie er vor mir sitzt, kann ich sein Aftershave riechen. Tabac oder Old Spice. So ein richtiger Altmännerduft. Zum Schütteln.
Wohin er wohl fährt? Zum Skatspiel mit seinen Freunden in der Eckkneipe? Oder er ist auf dem Weg zu seiner Ärztin. Er ist vielleicht ein einsamer Mann, der keine Freunde hat und niemanden zum Reden. Er freut sich auf ein Schwätzchen mit der Sprechstundenhilfe, die nie Zeit hat, und versucht wie immer einen seiner Altherrenwitze anzubringen, ignoriert ihren zornigen Blick.
Oder er ist unterwegs zum Friedhof am Stadtrand. So wie jeden Dienstag, Donnerstag und Sonntag, bei Wind und Wetter. Da sitz er dann auf dem Bänkchen am Grab seiner Frau, zupft hier ein Unkraut, gießt die Stiefmütterchen, bringt die kleinen Kiseel wieder auf den rechten Weg. Für den schwarzen Grabstein mit goldener Schrift hat er lange gespart. Schön findet er das Grab, auch wenn die Hälfte rechts neben seiner Frau noch unbepflanzt ist. Noch lebt er ja.
Aber drei Mal pro Woche klagt er seiner Erika sein Leid. Dass ihm das Kochen schwerfalle, Frau Huber, die Reinemachefrau, oft unpünktlich sei. Warum sie, Erika, so früh habe sterben und ihn allein lassen müssen. Er vermisse sie doch. Vermisse das Händchenhalten, wenn sie abends auf ihrem Sofa diese schöne Musiksendung geschaut haben. Einen Eierlikör haben sie dazu getrunken und sich eine Schnapspraline geteilt. Ganz warm sei ihnen immer geworden.
Hinter ihm sitzend sehe ich, wie er ein kariertes Taschentuch aus der Manteltasche zieht und sich die Nase schnäuzt.
Foto: Tauberman/Pexels
(10-Minuten-Geschichten nach einer Idee von Christine Kämmer / Adventskalenderschreiben)